Der Bergbau
Obwohl Urkunden und Funde nicht vorliegen, sind wohl in dieser Zeit der Zwangsdurchdringung auch abseits liegender Täler und Zinken die Anfänge bergbaulicher Tätigkeit im mittleren Kinzigtal zu suchen, zumal die Nachkommen von Kelten und Römern schon in vielen Bereichen sachkundig waren, ganz im Gegensatz zu den nur landwirtschaftlich orientierten Alemannen.
Die im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. rings um den Schwarzwald Platz greifenden kriegerischen Alemannen vertrieben die dort ansässigen Keltoromanen (Galoromanen) oder drängten diese in einige Gebirgstäler zurück. Die Keltoromanen waren Nachfahren der in Westeuropa verbreiteten keltischen Urbevölkerung und deren angesiedelten römischen Kriegsveteranen, von den germanischen Alemannen Welsche genannt. Bald drangen die Alemannen auch in das weite und für die Landwirtschaft günstige Kinzigtal nach und vertrieben die Welschen erneut, nun in die entlegenen Nebentäler (z. Bsp. Welschbollenbach).
Die Berge um Haslach, besonders im Gebiet von Bollenbach, Schnellingen und Fischerbach, sind von zahlreichen, im Gneis aufsitzenden Erzgängen durchzogen. Das sind Gebirgsrisse, die durch Ablagerungen aus zirkulierenden heißen Wässern ausgefüllt wurden. Die Hauptausfüllung der Gänge, sogenannte Gangarten besteht aus Schwerspat, Flußspat oder Quarz. In den Gangarten sind in sehr unregelmäßiger Verteilung und Größenordnung Erze eingesprengt (Schwefelkies, Zinkblende, silberhaltiger Bleiglanz, Silbererze u. a.).
Die Vererzung der Gänge um Haslach ist allgemein recht gering. Wenn dennoch eine überaus große Zahl von Stollen und Schächten angelegt wurde, heute noch an überwachsenen Abraumhalden, ein Einsenkungen oder an Quellschüttungen aus verstürzten Stollenmundlöchern erkennbar, so ist das ein deutlicher Hinweis auf das hohe Alter des Silberbergbaus um Haslach und auf jene Zeiten, als die Arbeitskraft noch wenig galt.
Der frühe Berbau wurde in beschwerlicher Handarbeit mit ‚Schlägel und Eisen‘ bewältigt. Nur der äußerst notwendige Bewegungsraum wurde ausgehauen. Viele Gruben konnten deshalb nur in sehr gebückter Haltung oder kriechen ‚befahren‘ werden. Der Transport von Gangmaterial und Abraum erforderte so größte Mühen. Eindringendes Wasser erschwerte die Arbeit der Bergleute zusätzlich. Dennoch ist der große Umfang er einst geleisteten bergbaulichen Arbeiten für uns erstaunlich. Im Frühjahr 1962 ließ ein mächtiger Ausbruch von gestautem Wasser aus dem unteren Stollen der Grube Bergmannstrost über dem Barberasthof erahnen, welche ausgedehnten Hohlräume schon vor Jahrhunderten im Fels geschaffen wurden.
Zweifellos hatte der Bergbau hierzulande, der nur auf die Gewinnung von Silber ausgerichtet war, seine große Bedeutung im Mittelalter, jedenfalls lange bevor die reichen Bodenschätze der Neuen Welt nach Europa gelangten. Urkundliche Erwähnung allerdings fanden Bergwerke im mittleren Kinzigtal, allen voran die Grube auf dem Barberast (früher Bawenrast oder Baborast bezeichnet), erst im Jahre 1455. Im folgenden Jahrhundert standen dann Gruben am Reichenberg in Fischerbach, am Herrenberg und in Welschbollenbach in Blüte, besonders aber die Grube am ‚Yllenbad‘ in Schnellingen, deren oberer und noch offener Stollen heute als Silberbergwerk bekannt ist. Damals waren im Haslacher Revier, zu dem noch die Gruben im Einbach und im Hauserbach gehörten, nicht weniger als 500 Personen im Bergbau beschäftigt. Dennoch war diesem wenig Erfolg beschieden. Es gab Unregelmäßigkeiten und Fehlplanungen. Die fein eingesprengten Silbererze konnten aus dem dichten und sehr harten Quarz (Hornstein) nur schwer und unvollständig gewonnen werden. Um 1574 kam der Bergbau auf dem Barberast und an anderen Orten zum Erliegen, um erst 150 Jahre später nochmals für kürzere Zeitspannen aufgenommen zu werden. Im 18. Jahrhundert brachten nämlich die Gruben im oberen Kinzigtal (Wittichen) und im Wolftal gute Ausbeute. Die Kunde davon weckte nochmals die Bergbaulust im mittleren Talbereich. Zahlreiche alte Stollen wurden wieder aufgewältigt. Die Erwartungen erfüllten sich aber nicht. Auf dem Barberast ruhte der Betrieb nach 1779 völlig.
Nach einer alten Grubenliste gab es in Bollenbach insgesamt 32 Stollen, Schächte, Tagebaue und Schürfstellen, die Mehrzahl im Bereich des Barberast. Die Grube Bergmannstrost über dem Barberasthof war die umfangreichste (2 Stollen und 11 Schächte bzw. Tagebaue). Weitere Gruben dort hießen ‚Barbera und die Haselstaude‘ (später ‚Der tiefe Erbstollen Greif‘ genannt), ‚Heilige Dreifaltigkeit‘, ‚St. Catharina‘, ‚St. Johannis Gesellschaft‘, ‚Anna und Margaretha‘, ‚Unsere liebe Frau‘, ‚Zur hohen Krone‘ u. a. Neben der alten Grube Ursula wurde im Jahre 1777 über dem Schilleshof die Grube ‚Maria Antoinette‘ neu eröffnet und kurze Zeit betrieben. Je zwei Stollen im Schlichle und auf dem Dirlesberg, die ‚Erzknappenlöcher‘ im Algersbächle und auch Schürfstellen in der Waldmatte und unter dem Mühlwald waren sicherlich ohne wirtschaftliche Bedeutung.
Mag auch der Bergbau in Bollenbach, der vom Mittelalter bis in die neuere Zeit umging und deutliche Spuren hinterließ, keine Reichtümer gebracht haben, er bleibt aber ein sehr wichtiger und interessanter Teil der Ortsgeschichte.